773 144 Babys kamen im Jahr 2020 in Deutschland zur Welt. Wie die Mütter heißen, wie alt sie sind, ob die kleinen Kinder ältere Geschwister haben – solche Fragen
werden in der Regel statistisch erfasst. Über die Väter ist aber wenig bekannt.
Die Johannisstraße in Osnabrück ist belebt an diesem Morgen. Eine Apotheke hat geöffnet, vor einem Supermarkt stehen einige Kunden, ebenso vor einem Tabakladen. Ein paar Meter weiter macht eine
Beratungsstelle auf sich aufmerksam. „JuP!“ steht an der Tür, außerdem „Echte Männer reden“. Und „Aktion Mensch“. Hier hat der Sozialdienst Katholischer Männer – SKM zu Jahresbeginn ein
Ladenlokal übernommen. Ganz bewusst mittendrin und nicht etwa abseits in einem sterilen Bürogebäude.
Jens Fechtemeier, Thomas Hogeback und Sebastian Dingelstedt bieten hier jungen Vätern Hilfe an. Dass junge Menschen, die Eltern werden, Unterstützung bekommen können, wissen viele gar nicht. „Und
wenn es Beratung gibt, dann wendet sie sich meist in erster Linie an die Frauen. Die Männer sind eher mitgemeint“, sagt Fechtemeier. Dabei hätten auch die jungen Papas ihre Fragen: Wollte ich
wirklich zu diesem Zeitpunkt Vater werden? Wie wachse ich in meine neue Rolle hinein? Wie hält man eigentlich ein Baby? Und wie wechselt man eine Windel? Wer mit seiner Partnerin nicht
zusammenlebt, muss sich mit Unterhaltsfragen beschäftigen. „Und das in einem Alter, in dem der junge Mann meist selbst noch in einem Findungsprozess ist und sich erst zu einem Erwachsenen
entwickelt“, sagt Fechtemeier.
„JuP!“ kann solche Fragen beantworten. Ob in der Einzelberatung oder in der Gruppe – auf jeden Fall als ein kostenloses Angebot von außen, das vielleicht eher akzeptiert wird als das emotional
beladene Gespräch mit den eigenen Eltern oder das möglicherweise problematisierte mit den Eltern der jungen Mutter. Auch wenn es rund um die Elternschaft Schwierigkeiten geben könnte, will
Fechtemeier gar nicht problembeladen in die Gespräche gehen. In erster Linie will er begleiten.
Das haben die drei von der Beratungsstelle in den vergangenen Wochen auch schon gemacht. Sie waren in Schulen und haben von ihrem Angebot erzählt, sie haben Kontakt aufgenommen zu anderen
Beratungsstellen in der Stadt. In einer zehnten Klasse machte Fechtemeier eine für ihn interessante Erfahrung: Als er davon erzählte, welchen Erwartungen sich Väter heute stellen müssen, stieß er
auf große Resonanz. Es ging um Entlastung der Partnerin, um Gleichstellung, um Elternzeit – aber auch um praktische Dinge wie Wickeln oder Erziehen. „Da formulierten auch die Mädchen ihre
Wünsche, was manchen Jungen offenbar überrascht hat“, sagt er.
„ Da formulieren dann auch die Mädchen ihre Wünsche.“
Fechtemeier hat Erfahrung darin, jungen Männern zur Seite zu stehen. Das hat er in den vergangenen elf Jahren in einer Einrichtung in Bielefeld schon gemacht, jetzt hat er für „JuP!“ den
Arbeitgeber gewechselt. Eine Frage musste sich das Team selbst erst einmal beantworten: Auf welche Weise lassen sich die jungen Leute am besten erreichen? Ob es die frisch gedruckten Flyer sind,
darauf ein junger Mann, der mit einem Kind spielt? Ob es über die sozialen Medien funktioniert? Die Erfahrung zeigt im Moment, dass die Mobilfunknummer über WhatsApp stark genutzt wird. Für den
ersten Kontakt wird meistens geschrieben. Kaum jemand ruft an.
Und es geht natürlich über die persönliche Ansprache. Deshalb verlassen die drei Männer regelmäßig ihr Büro in der Johannisstraße. Sie erzählen nicht nur in Schulen vom Vatersein, sondern wollen
jetzt auch in Jugendclubs zu Wort kommen. Oder sich beim Fachtag der Hebammen bekanntmachen.
Müssen interessierte Männer Voraussetzungen mitbringen? Abgesehen von der Altersbegrenzung auf 27 Jahre, die aber auch nicht in jedem Fall komplett festgeschrieben sein muss, kann jeder kommen,
sagt Fechtemeier. Auch unabhängig von Religion oder Konfession ist jeder willkommen, auch wenn die Beratungsstelle katholisch getragen ist und Fechtemeier der evangelisch-reformierten Kirche
angehört.
Wer „JuP!“ unverbindlich kennenlernen möchte, hat dazu am Sonntag, 25. September, die Möglichkeit. Am Weltkindertag präsentieren sich auf dem Rathausplatz viele Organisationen, die Kindern helfen
– und ihren Eltern.
Text und Foto: Matthias Petersen
Das Angebot in der Johannis-straße 24 ist kostenlos. Dienstags von 16 bis 18 Uhr und donnerstags von 14 bis 16 Uhr ist offene Sprechstunde. Terminvereinbarung auch per WhatsApp: 0175 4385792.