My Work

John McGurk wurde in seiner Kindheit schwer traumatisiert. Heute läuft der gebürtige Schotte und Extremsportler viele Kilometer für Spenden, um Kindern in Not zu helfen.


Wenn John McGurk zum täglichen Waldlauf aufbricht und tief durchatmet, fühlt er sich frei, vergisst für kurze Zeit, dass die Gelenke schmerzen, verdrängt, was immer präsent ist: das Trauma seiner Kindheit. Der Sport, sagt er, sei wie eine Therapie. Auf seinen sieben bis zwölf Kilometer langen Trainingsstrecken betet er manchmal sogar. Allerdings hat er auch das Handy griffbereit, um keinen wichtigen Anruf zu verpassen.

John McGurk ist als Kind durch die Hölle gegangen. Geboren 1961 in Glasgow, wuchs er in einer zerrütteten Familie und in extremer Armut auf. Zweimal erkrankte er an der Ruhr, mit schweren Durchfällen, ausgelöst durch schmutziges Trinkwasser. Der Vater, Alkoholiker, schlug die Mutter so lange, bis diese ihre acht Kinder verließ. Die Geschwister wurden auf verschiedene Heime aufgeteilt. John McGurk war damals neun Jahre alt. Mehrere Jahre war er einem sadistischen Heimleiter ausgeliefert, der ihn quälte, bis Blut floss. „Meine Kindheit war schon gestorben, bevor sie beginnen konnte“, sagt er. „Es tut noch heute weh, nicht zu wissen, wie es sich anfühlt, ein glückliches Kind zu sein.“ Die tägliche Gewalt und der Verlust der familiären Bindung haben McGurk traumatisiert. Seine Biografie, die im September als Buch erscheint, liest sich atemlos wie ein Thriller.

„Traumatische Erlebnisse mögen nicht heilbar sein, aber man muss lernen, sie zu akzeptieren und den Kindern zu helfen, die sie erleiden müssen.“ Und das tut McGurk auf seine Weise. Er läuft: seit fast 30 Jahren, Tausende Kilometer – für bedürftige Kinder in seiner Heimat Schottland, für Kinder in Brasilien, für Aidswaisen in Afrika, für SOS-Kinderdörfer oder gegen Kinderarmut in seiner heutigen Heimatstadt Osnabrück. Um auf sich aufmerksam zu machen, absolviert er die Läufe im traditionellen schottischen Kilt. So sammelt er Spenden für gemeinnützige Kinderhilfsprojekte in aller Welt – bislang rund 1,5 Millionen Euro. Denn was gibt es Besseres, als sich dafür einzusetzen, dass sich das Leben von vernachlässigten Kindern verbessert? Für ihn ist klar: Nichts!
„Meine Trainingsstrecken mit eingerechnet, bin ich sicher schon eineinhalbmal um den Erdball gelaufen“, sagt er. Ein ehrenamtlicher Vollzeitjob neben seiner Schichtarbeit als Papiermacher.

Das Laufen ist für ihn Leidenschaft und Auftrag zugleich. „Wenn man nicht so viele finanzielle Möglichkeiten hat, um Kindern zu helfen, nutzt man eben etwas anderes – in meinem Fall den Körper.“ Und den galt es erst einmal fit zu machen: mit Training, Ernährungsumstellung und ohne die üblichen zwei Schachteln Zigaretten am Tag. „Anfangs habe ich keine drei Kilometer geschafft, ohne mich zu übergeben“, erzählt er. Das Rauchen aufzugeben, sei eines der besten Dinge, die ihm je gelungen seien. John McGurk ist überzeugt, dass Gott ihm diesen Weg gezeigt hat. Obwohl er, wie er sagt, allen Grund habe, nicht an ihn zu glauben. Aber: „Gott hat mir ein großes Herz gegeben und einen starken Willen.“

Auslöser für seinen Wandel zum Extremsportler und Segensbringer für Kinder war ein körperlicher und seelischer Tiefpunkt. Er trank damals Unmengen an Alkohol – bis ein Magengeschwür platzte. McGurk wachte in seinem Blut auf – was ihn an seine Zeit als Heimkind erinnerte. Er musste sich entscheiden: leben oder sterben. „Es gibt Kinder, die so leiden, wie ich gelitten habe. Denen möchte ich Mut machen, dass sie alles schaffen können, wenn sie an sich glauben.“ Und er will sich selbst beweisen: „Nur weil du mit nichts geboren wurdest, heißt das nicht, dass du nichts bist.“

Anfangs, erinnert sich John McGurk, sei er für sein Vorhaben belächelt worden. Heute lacht keiner mehr. Er ist Kinderbotschafter, hat einen Verein gegründet („Sportler 4 a childrens world“), bekam das Bundesverdienstkreuz verliehen und eine Stiftung geschenkt. Er ist Initiator der zweiten Children’s Charity Gala im November mit prominenten Gästen. Und er wird sein Buch vorstellen, für das er nach Beweisen für seine brutal harte Kindheit suchte. Tatsächlich stieß er auf Unterlagen, die zum Beispiel dokumentieren, dass er mit Psychopharmaka ruhiggestellt wurde. „Ich wurde dreimal täglich mit Drogen vollgestopft, die für Kinder gar nicht zulässig sind“, sagt McGurk. Der Psychologe, der dafür verantwortlich war, hatte später eine eigene Praxis in Kanada.

John McGurk hat noch viel vor. Nach einem 1200-Kilometer-Lauf für SOS-Kinderdörfer und einem Friedenslauf von Münster nach Osnabrück ist schon die nächste – verrückte – Idee geboren: Eine Arktis-Tour bei minus 40 Grad. Für Kinder natürlich, aber auch als Protest gegen den Klimawandel. Ein Ende seiner Laufkarriere ist nicht abzusehen. Denn: „Meine Leidensgeschichte ist auch mein Schicksal. Gott lässt mich vermutlich länger laufen, als Moses gelebt hat.“

 

Die rund 200 Mitglieder des Vereins „Sportler 4 a childrens world“ machen es sich zur Aufgabe, Kindern in Notsituationen zu helfen und ihnen ein besseres Leben zu ermöglichen. Weitere Infos und Kontakt im Internet: www.s4acw.de; www.eine-zukunft-fuer-kinder.org

 

Text: Anja Sabel

Kontakt

Dom Medien GmbH

Schillerstraße 15

49074 Osnabrück

 

redaktion@christ-os.de